Themenparks und Erlebniswelten

Magic Cinema 4-D, Europa-Park Rust

H. Jürgen Kagelmann und Martina Guthmann

Ein ordentlicher Freizeitpark hat ein ordentliches Kino mit dreidimensionalen Filmen zu haben. Das ist mittlerweile Standard. Und die besseren Feizeitparks haben auch ein 4-D-Kino. Das Schöne ist ja, dass die „vierte Dimension“ alles mögliche umfassen kann und der Kreativität viele Möglichkeiten offen lässt. Und so kommen zu den dreidimensionalen Wahrnehmungseffekten je nach Filmthema und Parkbudget die originellsten und lustigsten Dinge dazu, die die jeweilige Handlung intensivieren: es weht der Wind, es tropft das Wasser, es schaukelt der Sitz, es steigt der Nebel auf – der Zuschauer wird durch solche haptischen Effekte in die Handlung des Filmes stark einbezogen. Ja, bei Disneys „It’s tough to be a Bug“ (u.a. in Disney’s California Adventure, Anaheim) gibt es sogar noch Duft- oder sagen wir besser Geruchseffekte, wenn etwa ein Mistkäfer auftritt und, nun ja, etwas loslässt. Kurz und gut, für Familien, ganz besonders für Kinder ist ein 4-D-Kino ein schönes und manchmal unvergessliches Abenteuer.

Seit April 2003 hat auch der Europa-Park seinen sonstigen Film-Attraktionen und Simula¬tionen ein neues Kino angefügt. Es liegt im französischen Bereich, hat 448 Sitzplätze, und zeigt alle halbe Stunde einen speziell produzierten Film („Panda-Vision“) in Zusammenarbeit mit World Wildlife Fund (WWF), der weltweit größten Umweltschutzorganisation. Wenn man ins Foyer kommt, stimmen große Plakate von bedrohten Tierarten auf das Thema ein. Im Theater selbst beeindruckt die Leinwand von 19x 9 Metern, die abends auch für aktuelle Spielfilme und Events genutzt wird.

Die Kleinen werden den 15minütigen Film lieben, weil er lebensecht animierte, ein bisschen ka¬ri¬kierte, eben „nette“ Tierarten zeigt, die für Kinder zu den liebenswertesten Geschöpfen gehören: Eisbären, Affen, Delphine, Robben. Der Film hat aber auch eine Botschaft und die ist, zu warnen vor der bedenkenlosen Ausrottung schon jetzt erheblich gefährdeter Tierarten, vor dem aus Profitgier betriebenen Raubbau zu Wasser und zu Land. Drei große Szenen sind zu sehen: im ersten Teil verfolgt man das friedliche und harmonische Miteinan¬der¬sein einer Eisbärenmutter mit ihren beiden Jungen, die vom plötzlichen Kalben eines Gletschers überrascht werden – was auf die Klimaerwärmung zurückzuführen ist – um dann nach einer Rutschpartie auf einer Eisscholle zu landen, die im arktischen Meer treibt.

Im zweiten Teil lernen wir unter Wasser die Artenvielfalt einer tropischen Gegend kennen. Riesige Schildkröten, ein freches Seepferdchen, bunte Fische, beeindruckende Muränen, ein freundlicher Delphin, die Vielfalt des Korallenriffs. Auf einmal hört man immer lauter werdend und das Theater mit seinen Vibrationen erschütternd das stampfende Geräusch eines großen Fischkutters; die Tiere erstarren förmlich und ergreifen die Flucht, Schlamm wird durch ein riesiges Grundnetz aufgewühlt, dann ist alles nur noch grau und leer; übrig bleibt allein die Schildkröte, die sich im Meeresgrund eingegraben hatte, alle anderen Wasserlebewesen sind von einer profitgierigen Fischindustrie weggefischt.

Der dritte Teil führt uns in einen asiatischen Regenwald. Eine Schlange schlängelt sich direkt auf die Zuschauer zu (3-D-Effekt), wird aber von einem Orang Utan in einer der witzigsten Szenen am Schwanz zurückgezogen. Gibbons tanzen zu einer Musik, die dem Dschungelbuch ähnlich ist, fröhlich auf den Bäumen. Auch hier bricht die raue Wirklichkeit ein: immer lauter werdende Motorsägen bringen den Regenwald zum Einsturz, die Abholzkonzerne sind unterwegs – und wieder bekommt der Zuschauer die Vibrationen auf den Sitzen haut-nah mit. Wieder wird ein Habitat vernichtet – einzig ein kleiner Panda-Bär bemüht sich in der Schlussszene, den umgefallenen Riesenbaum wieder aufzurichten: ein Symbol für die Notwendigkeit, die Bemühungen des WWF zu unterstützen.

Fazit: eine nette Ergänzung zum Parkangebot, schöner als die Simulationsfilme, und etwas, das die Familie immer wieder anschauen kann. Der Film kommt ganz ohne Sprache und damit ohne verbale Belehrung aus, und das ist gut so: Luftdüsen an den Sitzen, Wasserdüsen über den Sitzen sorgen für ungewohnte und überraschende Effekte – die Kinder freut es. Auch Düfte sind vorgesehen, aber, wie das so ist, abhängig von Temperatur, Jahreszeit, Besetzung des Kinos – nicht immer riecht man alles, was über die Zerstäuber (der Fa. Magic Box, Neuss) losgelassen wird. Das Soundsystem ist bemerkenswert gut, Dolby Digital 6.1. mit 33 Lautsprechersystemen und 55.000 Watt. 3 Mio. Euro hat alles gekostet, und das Kino ist auch, wie das heute Standard ist, für Rollstuhlfahrer zugänglich. Der Film, den man übrigens auch schon früher im Freizeitpark Efteling sehen konnte, ist eine verkürzte, ton-lose Version des Films „S.O.S. Planet“ (45 Min.), der von Wave Pictures Belgien produziert wurde.

(Etwas gekürzte Version eines Artikel für die Zeitschrift „Kirmes- und Park-Revue“, GEMI Verlag, No. 77 (Dez. 2003), S. 64-65)

  Link zum GEMI-Verlag

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